Donnerstag, 26. Dezember 2013

Abenteuer 1: Das Königreich der Würmer - Kapitel 1: Die Befreiung


Es war deprimierend, in einem Käfig gefangen zu sein und nichts unternehmen zu können. Einerseits war es gut, dass das Tuch weg war, das mir solange die Sicht verwehrt hatte, andererseits hatte ich es mir immer wieder herbeigewünscht, bei dem Elend, das ich jetzt sehen musste. Vier Tage war es her, seit die Tekk die Menschenstadt erobert hatten. Auch den Fallensteller mussten sie erwischt haben. Für ihn hatte ich kein Mitleid, er war ein Tierquäler gewesen. Mich hatten sie scheinbar zur Belustigung - oder, was ich nicht hoffte, als Happen für Zwischendurch - mitgenommen.

Aus den Blicken der Gefangenen sprachen Angst und Verzweiflung, wie sie so in ihren Käfigen saßen, ging es ihnen auch nicht besser als mir. Klapprige Pferde zogen die die Wagen mit den Käfigen. Schlimm wie ihre Rippen hervortraten - auch sie litten unter den Tekk. Ich zählte vier Wagen - eher Schlitten, denn sie besaßen hölzerne Kufen statt Rädern - aus morschem Holz erbaut und mit nach Algen stinkendem Teer gestrichen; sie wurden von Ketten irgendwie zusammengehalten. Schlimmer noch als der Teergeruch war der Hauch des Todes, der mit der Zahl der Verwesenden an Intensität zugenommen hatte. Die Tekk hatten bisher keinen Finger gerührt, um sie aus den Wagen zu holen.

Sie verspotteten die noch lebenden Gefangenen und spuckten sie an. Ein Tekk mit einem Eisenkäfig auf dem Rücken, der nicht nur die knurrige Tekksprache beherrschte, machte Andeutungen, was die Gefangenen erwarten würde - ich hörte etwas von einem "Blutwall" und einer "Fleischhalle", wo sie Menschen bei lebendigem Leib auf Haken aufspießen - als Nahrungsvorräte. Er wurde immer von Krähen umschwirrt - ich konnte ihr Krächzen nicht mehr lange ertragen!

An meinen Wagen, den letzten des Zuges, hatten sie eine riesige Gestalt gekettet. Ich vermutete, dass es ein Troll sein müsste, er hatte zwei Hauer am Unterkiefer.

Die Sonne war gerade unter dem Horizont versunken, da gellten Schreie durch den Zug. Neben meinem Wagen fiel ein Tekk zu Boden, ein Pfeil ragte aus seinem Kopf. Der Anführer mit den Krähen brüllte Befehle, er gestikulierte in Richtung der Wagen. Einer der Tekk rannte mit seiner Fackel zum ersten Wagen und steckte ihn in Brand - deshalb der Anstrich! Die Schreie der Verbrennenden waren kaum zu ertragen.

Ich konnte die Angreifer erkennen, es schienen etwa ein Dutzend Menschen zu sein, bewaffnet mit Schwertern und Äxten, einige hatten auch Bögen. Die Tekk waren in der Überzahl, die Menschen schienen im Nahkampf unterlegen zu sein. Da trat ein junger Ritter in Aktion und das tekkische Blut floss in Strömen, doch auch die meisten menschlichen Kämpfer fielen ebenfalls.
Syr Rotall im Kampf mt einem Ul'Hukk-Krieger.

Weitere Tekk ergriffen Fackeln und setzten die übrigen Wagen in Brand, während die Kämpfer, die die Gefangenen befreien wollten, gnadenlos niedergemacht wurden. Ein Tekk näherte sich dem Wagen, an dem mein Käfig hing - er wollte auch ihn anstecken. Ein Insasse packte glücklicherweise seinen Arm, und der Tekk stürzte zu Boden. Einer der Menschenkrieger machte ihn mit seiner mächtigen Axt nieder. Ich konnte es kaum glauben, da kam auch ein kleiner haariger Geselle angesprungen und warf sich den Tekk todesverachtend entgegen, das musste ein Kobold sein, ich kannte sie aus meiner Heimat Oxysm, doch was hatte er hier zu suchen?

Vor einem der lichterloh brennenden Wagen stand der Anführer, er hatte noch zwei Krähen auf den Schultern. Als er seine Arme ausbreitete, flogen sie krächzend auf. Eine wurde direkt von einem Pfeil durchbohrt, was mit der anderen geschah, konnte ich nicht erkennen. Die zwei letzten verbliebenen Tekk wurden von dem jungen Ritter und dem älteren Krieger mit der Axt niedergemäht.

Nach der Schlacht befreiten die wenigen überlebenden menschlichen Krieger die Gefangenen aus dem letzten Wagen, der verschont geblieben war. Auch mich befreiten sie endlich aus meinem Käfig, mit dem Troll taten sie sich etwas schwerer.
Die beiden Krieger stellten sich vor. Bei dem jungen Ritter handelte es sich um Syr Toran Rotall, den Anführer der Söldnertruppe aus Imbrien. Der ältere Axtkämpfer stellte sich als Edwen vor, er sei Askalonier. Sie erzählten, dass sie von einem Kaufmann beauftragt worden waren, dessen entführte Tochter zu befreien. Sie hätten den Gefangenentransport nach dem Überfall auf die Stadt Chiram im Grünen Kessel durch das Graue Tal südlich des Schwarzeisengebirges verfolgt und einen passenden Moment für die Befreiung abgewartet. Leider war die Kaufmannstochter wohl unter den Brandopfern. Der dritte überlebende Angreifer, Ardyn Kaal, Torans Knappe, war schwer verwundet. Seine Schwerthand wurde im Kampf zerschmettert.

Die Gefangenen aus dem Käfig stellten sich vor. Darunter war Palan, ein kahler, weißbärtiger Schuster, der über den Verbleib seiner zehn Töchter verzweifelt war. Eine verängstigte Frau namens Cetrill, die nicht ganz bei sich war, scheinbar aus Kummer, denn sie fing immer einmal wieder zu weinen an. Und noch ein junger Mann namens Miron, der ständig hustete.

Die anderen stellten sich vor:
  • Tarkin: Der mutige Kobold, der sich den Tekk entgegengestürzt hat.
  • Anneliese: Eine Koboldin, die sich unter den Gefangenen befand.
  • Widun: Ein Halbschrat, der sich als Priester des Mnamn vorstellte und geistreichen Dingen nicht abgeneigt war.
  • Saradar Khor'Namar: Ein Gjölnar, der als Barde durch die Lande zog.
  • Vivana: Eine Vergessene aus dem Volk der Jujin.
  • Urota Nera: Ein Troll, der kaum die Menschensprache beherrschte.
  • Finn: Das bin ich. Ich hatte mich nach der Befreiung endlich in meine normale Faun-Gestalt zurückverwandeln können. Die Umstehenden waren sehr erstaunt, sie hatten wohl noch nie einen Tierwandler gesehen. Ich bin Druide der Erdmutter Ianna.

Nachdem wir uns gegenseitig vorgestellt hatten, suchten wir das Schlachtfeld nach Waffen und Rüstungen ab. Leider war alles beschädigt. Es kam zu ersten Streitigkeiten: Saradar und Tarkin stritten sich um ein Kettenhemd - unglaublicherweise konnte sich der kleine Kobold lange behaupten, doch es landete schließlich beim riesigen Barbaren! Für mich war leider nichts dabei. Toran drängte uns zur Eile, er wollte uns zurück zum askalonischen Verteidigungswall führen und vor den Tekk in Sicherheit bringen. Die Pferde waren entweder verbrannt oder hatten sich losgerissen und waren geflohen.
Wir mussten also zu Fuß los.

Samstag, 23. November 2013

Finn in der Falle

"Mein Name ist Finn."

Ich war in einer verzweifelten Situation. Sie hatten mich erwischt...
Ich war unvorsichtig gewesen, zu unbedacht von Ast zu Ast gesprungen. Dann der Schmerz. Ich saß fest, in einer Falle, konnte mich nicht verwandeln. Stundenlang wand ich mich - die Schmerzen hinderten mich daran, mich zurückzuverwandeln. Nach Stunden der Qual kam ein alter Kerl daher - ein gemeiner Fallensteller - und sperrte mich in einen Eisenkäfig, aus dem es für mich kein Entkommen gab.
"Was ist mir denn da in die Falle gefangen? Eine Pelzmütze aus Eichhörnchenfell - hat auch nicht jeder", murmelte er in seinen struppigen Bart. Er hob mich mühelos mitsamt dem Käfig hoch und schaute mich gierig mit seinen geröteten und aufgequollenen Augen an - wie gerne hätte ich sie ihm ausgekratzt.

Er humpelte auf sein Gefährt zu, einen alten Esel, der an einen klapprigen Wagen festgezurrt war. Als wir uns näherten, glotzte auch er mich mit seinen dummen Augen an und gab ein müdes "Iiii-Aaaa" von sich. Der Alte lud mich auf den Wagen. Darauf standen weitere Käfige, alle mit Tüchern abgedeckt. Dann die Dunkelheit - er hatte auch mir ein Tuch übergeworfen. Aus den anderen Käfigen hörte ich eine Kakofonie an Geräuschen: Schnauben, Heulen, Wimmern, Grölen, Kratzen, Schaben... Er musste bestimmt ein Dutzend verschiedener Tiere gefangen haben.

Und los ging die holprige Fahrt. Während die Plethora an Geräuschen anschwoll, hörte ich Peitschenhiebe - so ein Schinder, er fing und tötete nicht nur Tiere ihres Felles wegen, sondern misshandelte auch seinen alten Esel.

Was hatte ich mir nur dabei gedacht, meinen Wald zu verlassen? Sie hatten mich oft genug davor gewarnt, dass außerhalb Oxysms nur Gewalt und Tod auf mich warten würden. Aber ich war neugierig gewesen, wollte etwas über die Welt erfahren. Das hatte ich nun davon.