Samstag, 22. Februar 2014

Die Plage - Kapitel 3: Aufbruch nach Altem

Auf dem Rückweg zum Karawanenlager kamen wir an Jel vorbei. Am Boden um ihn herum hatte sich eine große Blutlache gebildet und sein Kopf war nach hinten gekippt. Tarkin musterte sein kleines Koboldschwert und blickte dann auf Jels Gürtel: "Sein Schwert gehört mir! Ihr habt euch ja alle schon bedient!"
Er hatte gerade das Heft ergriffen, als der vermeintliche Leichnam zuckte und sich eine Hand um Tarkins pelziges Handgelenk schloss.
"Lass los, du brauchst das nicht mehr!", schrie der Kobold, riss sich von der eiskalten Hand los und zog schnell das Schwert aus der Scheide. Jels lebloser Körper sank wieder zu Boden. Ich bestand darauf, seinen Körper an Ianna zurückgeben - nicht dass er uns nachts als Diener Mortarax‘ wiederbegegnen würde. Urota erbarmte sich und zog ihn hinter sich her.

Wir traten aus dem Nordwald heraus und sahen die Sonne hoch am Himmel stehen. Als wir uns der Wagenburg näherten, kam uns ein aufgeregter Tarso entgegen: "Wir müssen hier weg! Im Lager wimmelt es von Ratten! Meine Waren! Die fressen mir die Haare vom Kopf!"
Vor Aufregung bemerkte der Glatzkopf erst jetzt die Silberfelle, die Vivana und Anneliese trugen. Sein nächster Blick galt dem Leichnam, den unser Troll hinter sich her schleifte - er wendete sich angewidert ab.

"Bevor wir aufbrechen, müssen wir Jel noch ein anständiges Begräbnis bereiten!", beharrte ich. Nachdem ein Loch ausgehoben war, ließ Urota den Leichnam hinab. Viele der Händler traten hinzu und schauten Widun und mich erwartungsvoll an. Auch wenn ich Jel nicht gekannt hatte oder wirklich leiden konnte, hoffte ich, dass Ianna ihn aufnehmen würde. Ich erinnerte daran, dass er in der Erfüllung seiner Pflicht, uns vor der Bedrohung durch die Wölfe zu schützen, sein Leben gelassen hatte. Widun ließ einen Weinkelch herumgehen und alle auf Jels Wohl trinken. Die Versammlung löste sich schnell wieder auf. Ich sah wie Widun ein Fass vor sich her rollte: Ein Kelch Wein reichte wohl nicht für einen toten Wildhüter.

Wir hatten Tarso überzeugt, noch eine Nacht zu lagern. Wir waren erschöpft von der Jagd und setzten uns ans Lagerfeuer. Dort brieten wir einen der Wölfe. Ein Händler mit abstehenden Ohren und Schweinsaugen wurede vom Duft angelockt und lullte uns mit einer langen Erzählung ein - wahrscheinlich in der Hoffnung etwas vom Braten abzubekommen. Wir legten uns schließlich schlafen. Die Nacht verging zum Glück ohne Vorkommnisse.

Am nächsten Morgen sah ich, wie Widun hinter einem der Zelte hervorkam. Mit einem Ausdruck der Erleichterung im Gesicht und einer Fahne im Gepäck, ließ er sich wankend auf dem Kutschbock nieder - Mnamn musste stolz auf ihn sein. Tarso Payn bestand darauf, dass der Troll sich in einem der Wagen versteckt halten müsste. Er befürchtete, dass uns die Wachen nicht in die Stadt lassen würden, wenn sie bemerkten, dass wir einen Hügeltroll dabei hatten.
 
Eine Karte von Askalon, die uns Edwen überlassen hat.

Innerhalb einer Tagesreise und zwei Regengüsse später standen wir vor den Toren der Stadt Altem. Urota musste sich unter alten Säcken und Heu verstecken. Die Stadtwachen kannten Tarso und ließen uns ohne Weiteres passieren. Die Stadt bot einen trostlosen Anblick. Während die Wagenräder über die feuchten Pflastersteine holperten, traf mein Blick auf eingestürzte Mauern und Schutthalden. Die Gassen waren leer - bis auf den Dreck, der sich überall auftürmte und einen beißenden Gestank verbreitete. Hier und da sah ich jedoch, wie Türen oder Fensterläden einen Spalt weit geöffnet wurden. Ich erkannte verhärmte Gesichter, die uns nachblickten.

Einer der skilischen Händler namens Boldran Blei hatte uns gestern Abend am Lagerfeuer erzählt, dass Altem vor Jahrzehnten eine stolze Stadt gewesen sei. Dann hatte wohl ein gewaltiges Erdbeben, das von den Askaloniern nur "Bulgors Zorn" genannt wird, den Großteil der Stadt zerstört. Aufgrund der fortgesetzten Auseinandersetzungen mit den Tekk waren viele Menschen weggezogen. Dennoch hatten die Verbliebenen den Kern der Stadt wieder aufgebaut und waren sehr an den Waren aus aller Herren Länder interessiert. Davon war damals aber nichts zu sehen - mein linkes Horn begann zu jucken - ich hatte immer dieses Gefühl, wenn irgendetwas faul war.

Wir erreichten den Marktplatz - auch hier keine Menschenseele. Die Händler waren enttäuscht und begannen zu tuscheln. Tarso winkte alle herbei: „Geht erst einmal schlafen und beruhigt euch! Morgen sieht es bestimmt anders aus! Die Leute werden sich um euren Schmuck, eure Tücher und Gewürze streiten!“

Die Ansprache des Dicken wurde jäh unterbrochen.
"Hilfe! Hilfe! Warum hilft mir denn niemand!"
Der Vater des Mädchens mit der Bissverletzung sprang aus seinem Wagen und brach sich dabei fast die Knochen.
"Meine Tochter hat Schüttelfrost, sie ist nicht mehr bei Sinnen! Gibt es denn hier keinen Heiler? Oh Alun, bitte hilf uns!"

Wir begleiteten den verzweifelten Vater zu seinem Wagen.

Sonntag, 16. Februar 2014

Die Plage - Kapitel 2: Die Wolfsjagd

Jel ging uns voraus und las die Fährte. Die Wolfsspuren führten in einen dunklen Wald, den Jel als Nordwald kannte. Hier standen knorrige Bäume, die um die Vorherrschaft im dichten Blätterdach rangen. Jeder Baum sah anders aus, ich erkannte Weiden, Eschen und Tannen. Der Boden war schlammig und wir mussten immer wieder kleine Tümpel umgehen. Auch das dichte Unterholz behinderte unser Vorankommen. Urota fluchte, er stolperte ständig über irgendwelche Wurzeln oder verhakte sich mit seinem Knochenknüppel. Jel gemahnte ihn zur Ruhe. Für unsere beiden Kobolde stellte das kein Problem dar, geschickt sprangen sie von Wurzel zu Wurzel. Widun, Vivana und ich bildeten die Nachhut - die Augen ins umgebende Dickicht gerichtet. Jel führte uns immer tiefer in den Nordwald hinein. Auf dem feuchten Boden ließen sich die Spuren des Silberwolfes leicht verfolgen.

Plötzlich setzte ein heftiger Regenschauer ein, vor dem uns auch das Blätterwerk wenig Schutz bot. Wir sahen eine Roteibe, unter deren gewaltigem Wurzelwerk wir Unterschlupf fanden. Ich konnte es noch nie leiden, wenn sich mein Fell so voll Wasser saugte!

Der Wildhüter hob plötzlich die Hand: Wir sollten stehenbleiben. Es setzte eine bedrückende Stille ein. Wir sahen, wie sich der Grüne vorsichtig einem Dornbusch näherte. Jetzt erkannte ich, was er gesehen hatte: durch den Busch hindurch sah ich etwas Silbriges glänzen. In der Stille hörte ich deutlich ein Schlabbern, als ob ein Hund aus einer Pfütze tränke. Jel zog ganz leise einen Pfeil aus seinem Köcher und legte mit seinem Kurzbogen an.
Gespannt beobachteten wir ihn. Dann hörten wir das Zischen des Pfeils. Statt des erwarteten Jaulens hörten wir nur ein Platschen - der Pfeil war daneben gegangen! Jel tastete nach einem weiteren Pfeil in seinem Köcher, doch da kam bereits etwas Gewaltiges über den Dornbusch gesprungen - es war ein Silberwolf! Er packte Jel am Hals - dann folgte ein furchtbares Geräusch, als er ihm die Kehle herausriss. Nachdem er mit dem Jäger fertig war, blickte er uns mit seinen wie Topas funkelnden Augen an.
Ein angriffslustiger Silberwolf.

Da stand er, Blut und Geifer tropften aus seinem Maul. Er fletschte die Zähne. Sie blitzten auf, als die ersten Strahlen der Morgensonne durch die Blätter drangen.

Anneliese löste sich als Erste aus der Schockstarre und versengte dem Wolf mit ihrem Feuerstrahl das Fell. Vivana schrie: „Nein! Was machst du! Das Fell ist fünfzig Silberlinge wert!“
Der Silberwolf heulte auf und verschwand im Dickicht - und zog dabei eine Rauchfahne hinter sich her.
Wir schauten uns Jel an: er bot einen furchtbaren Anblick, da war nichts mehr zu machen - er war tot. Jetzt tat er mir doch leid. Urota griff sich den Kurzbogen und den Köcher des Wildhüters. Auch Vivana beugte sich flüchtig über ihn - ich hörte ein leises Klimpern.

Wir entschlossen uns, den Wolf weiter zu verfolgen. Die Blutspuren und der Gestank von verbranntem Fell erleichterten uns die Jagd. Wir trafen auf eine Lichtung - auf der anderen Seite erwartete uns bereits der nicht mehr ganz so silberne Wolf. Wir näherten uns vorsichtig - dann wurde uns klar: wir waren in eine Falle geraten. Von den Flanken und von hinten näherten sich drei weitere Wölfe. Sie waren kleiner als der angekokelte Wolf, aber ebenso furchteinflößend. Sie verloren keine Zeit und griffen uns sofort an.

Einer der Wölfe rannte direkt auf unseren Koboldkrieger zu. Wir hörten ein „Ich will noch nicht sterben!“ von Tarkin, als er erfolgreich einem Biss auswich. Ich sah, wie sich Vivana auf den Angriff der Wölfe vorbereitete: sie band sich einen Teil ihres Kapuzenumhangs um den Arm - gerade noch rechtzeitig - konnte sie doch so einen Krallenhieb abwehren. Einer der Wölfe setzte zum Sprung an - hechtete aber an unserem großen Troll vorbei. Ich hatte weniger Glück und wurde von einem Wolf voll erwischt - er riss mich zu Boden. Anneliese zeigte, dass sie auch mit anderen Elementen als Feuer umgehen konnte: mit den Worten "ICAL ULIP" und den entsprechenden Gesten formte sie einen Eisspeer und schleuderte ihn auf den Wolf, der mich gerade zu seinem Frühstück auserkoren hatte. Mit einem Jaulen machte er einen Satz nach hinten.

Statt sich in den Kampf zu stürzen, vertiefte sich Widun ins Gebet, natürlich erst, nachdem er sich ein Schnäpschen gegönnt hatte. Mnamn schien ihm gewogen zu sein: die Wölfe begannen zu taumeln, also ob sie betrunken wären - er schien sie in eine Art Rauschzustand versetzt zu haben. Vivana nutzte die Hilflosigkeit der Wölfe aus und versetzte dem verbrannten Wolf mit ihrem Kurzschwert den Todesstoß. Ich hatte genug von den Sprungattacken der Wölfe und bat die Erdmutter um ihre Unterstützung. Vor meinen Augen wuchs eine Hecke aus dem Boden und schirmte mich erst einmal vor den Wölfen ab.

Tarkin attackierte einen der Wölfe mit seinem Koboldschwert, hieb aber leider daneben. Zwei Wölfe hatten es auf Urota abgesehen - er konnte sie mit seiner Allzweckwaffe erfolgreich auf Distanz halten. Anneliese hatte kunstvoll einen weiteren Eisspeer geformt und spickte damit einen der Wölfe, die an Urota hungen. Widun drisch mit seinem Knüppel auf sie ein. Ich richtete ein Stoßgebet an Ianna - aus dem Boden wuchs etwas Klettenkraut hervor. Ich bückte mich und warf es auf die Bestien - leider taugte es wenig als Wurfgeschoss und wurde schlicht vom Winde verweht.

Urota hatte mittlerweile einen der Wölfe mit seiner Knochenkeule niedergestreckt. Die beiden letzten Wölfe waren augenscheinlich wie in einen Blutrausch versetzt und sprangen wild um sich beißend herum. Ich richtete ein weiteres Stoßgebet an Ianna - aus dem Boden sprossen stachlige Ranken hervor, die sich auf meinem Körper verteilten und eine Art zweiter Haut bildeten - sollten sie nur kommen!

Urota sah plötzlich verunsichert aus - er blickte sich fragend um: "Wo er denn hin?“ kam es zwischen seinen Hauern hervor - dann blickte er an sich herab - einer der Wölfe hatte sich in seiner Rüstung verbissen.
„Ach da!“, rief er aus und zermalmte den Wolf mit seinem Riesenknochen.

Anneliese setzte gerade mit "SINGI" an und erste Flammen züngelten auf ihrer Hand als sie von Vivana angeschrien wurde: "Hör mit deinem Gefunzel auf! Es reicht, dass du schon ein Fell ruiniert hast!"
Anneliese schien beleidigt zu sein und löschte die Flamme - Vivana trennte mit einem raschen Hieb dem letzten der Wölfe den Kopf ab.

Da lagen sie: vier tote Silberwölfe. Anneliese beanspruchte einen Wolfszahn für sich - Vivana häutete die Wölfe und warf Anneliese das verbrannte Fell zu - "Da, für dich, Funkenmariechen!"

Das blutige Handwerk wurde durch ein fernes Wimmern unterbrochen. Wir nahmen die Felle sowie das Fleisch der Wölfe und folgten den Klagelauten. Anneliese hatte etwas entdeckt: "Da drüben glitzert etwas im Laub!" Wir waren betroffen, als wir erkannten, worum es sich handelte: von Blättern halb verdeckt lag dort ein blutüberströmtes Wolfswelpen. Ich schaute es mir genauer an: da waren Bissspuren zu erkennen und wenn mich nicht alles täuschte ... stammten sie von Ratten! Wir fanden weitere tote Welpen, auch sie wiesen Bissspuren auf. Das Wimmern war in ein Heulen übergegangen - auf einem Hügel in der Ferne sahen wir die Wolfsmutter, die um ihre Welpen trauerte...

Meine Gedanken überschlugen sich - waren es wirklich die Silberwölfe gewesen, die das Mädchen im Lager angegriffen hatten? O Ianna, was hatten wir getan!

Montag, 10. Februar 2014

Die Plage - Kapitel 1: Die Händlerkarawane

Endlich ging es wieder los. Ich war vor zwei Monden aus meiner Heimat Oxysm aufgebrochen, um Abenteuer zu erleben, nicht um Soldaten beim Saufen und Würfeln zuzuschauen, vor allem nicht um mich ihren derben Späßen auszusetzen. Dabei haben manche von ihnen mehr Haare an den Beinen als ich.

Wir ritten hinab in die Täler Nieder-Askalons. Dabei wurden wir von Sturm und Regen geplagt. Ich musste ständig mein Fell ausschütteln. Als Söldner bekam ich leider keinen trockenen Platz in einem der Planwagen. Einer der Wagen war steckengeblieben und die Händler hatten sich vergeblich bemüht, ihn aus dem tiefen Schlamm zu befreien. Für unseren Trollgefährten Urota war es hingegen eine Kleinigkeit, den Wagen wieder auf die schlecht gepflasterte Straße zu heben. Es hatte durchaus Vorteile, einen Hügeltroll dabei zu haben, auch wenn bei den Händlern immer noch Furcht und Skepsis vorherrschten.

Die Nacht brach herein. Zwei der Händler boten sich an, uns die erste Nachtwache zu abzunehmen. Wir nahmen das Angebot dankend an, und vereinbarten die restlichen Wachen zu übernehmen. Nachdem wir die Wachabfolge ausgemacht hatten, legten wir uns schlafen. Leider kroch auch die nasse Kälte unter mein Laken und drang mir bis in die Knochen. Ich war zusammen mit Urota für die zweite Wache eingeteilt worden.

Ich träumte gerade von meiner Waldlichtung, süßem Honigduft und sanftem Flötenspiel, als ich unsanft geweckt wurde. Tarkin stand vor mir, von oben bis unten mit Matsch besudelt. Ich rieb mir die Augen: »Was hast du denn gemacht?« Der Koboldkrieger machte eine abwehrende Handbewegung: »Das ist jetzt egal … Vivana und ich haben etwas entdeckt, wir brauchen euch.« Er hatte auch Urota aufgeweckt, der noch ganz benommen nach allen Seiten blickte und mit den Augen blinzelte. Wir gingen zu Vivana, die sich am Eingang zur Wagenburg aufhielt. Sie berichtete, außerhalb unseres Lagers Spuren im Matsch entdeckt zu haben. Sie meinte, dass es sich dabei um Wolfsspuren handeln müsse. Wahrscheinlich stammten sie von einem Rudel von vier bis fünf Wölfen. Ganz in der Nähe war der Waldrand. Ich verwandelte mich in meine Eichhörnchen-Gestalt und begleitete Tarkin, der sich aus dem Rest eines Tekk-Speers eine Fackel gebaut hatte, in Richtung Wald. Vivana gesellte sich zu uns. Urota blieb zurück und sicherte den Eingang - noch im Halbschlaf und sich auf seinen Knochen abstützend. In der Dunkelheit verloren wir jedoch rasch die Fährte und kehrten um. Ich nahm wieder meine normale Faun-Gestalt an.

Wieder in der Wagenburg angekommen merkte ich, wie sich mir die Fellhaare aufstellten - ein kalter Luftzug strich an uns vorüber. Dann ein Scheppern aus einem der Planwagen. Tarkin schreckte hoch: »Ich sehe Schatten, die durch das Lager streifen!« Wieder ein Scheppern, jetzt lauter. Zwei Händler rannten aus ihren Zelten - dann ein Schrei. Wir stürzten auf das Zelt zu, aus dem der Schrei gekommen war. Drinnen fanden wir einen kahlköpfigen Mann mit einem blutenden Mädchen in den Armen. Er versuchte sie zu beruhigen. Sie stand unter Schock und konnte uns nicht sagen, was passiert war. Sie war am Arm verletzt worden und blutete. Ich versuchte sie zu heilen, doch leider konnte ich wenig ausrichten. Wir vermuteten, dass das einer der Wölfe gewesen sein musste. Tarkin und Vivana traten wieder hinaus, um Schlimmeres zu verhindern.

Nach kurzer Zeit kamen sie zurück. Vivana berichtete: »Hinter dem Zelt liegt eine tot gebissene Ratte - das war bestimmt auch ein Wolf. Wir haben alles abgesucht - innerhalb der Wagenburg sind keine Wölfe mehr. Ich habe allerdings neue Spuren entdeckt, die in Richtung Wald führen«.

Die Felle am Zelteingang flogen plötzlich beiseite und zwei Männer traten ein. Einer der beiden hatte kaum noch Haare auf dem Kopf, dafür aber einen prächtig-dichten Schnurrbart und trug einen wohl gefüllten Wamst vor sich her. Der andere wirkte sehr stämmig und trug einen grünen Mantel. Dessen Kapuze hatte er sich tief ins Gesicht gezogen, nur ein gezwirbeltes Bärtchen ragte deutlich daraus hervor. Der Glatzkopf baute sich vor uns auf.

»Ich bin Tarso Payn, der Karawanenführer. Was ist hier los?«, wollte der Dicke wissen. Vivana erklärte, was vorgefallen war. »Ihr solltet doch Wache halten! Ich kann keinen Ärger gebrauchen - das spricht sich doch rum! Die denken, dass man mit Tarso nicht mehr sicher reisen kann!«, schimpfte der Schnurrbartträger.

Der Mann mit der Kapuze drängte uns dazu, die Wölfe zu jagen: »Wenn sie einmal Blut geleckt haben, werden sie bestimmt wiederkommen und das Lager heimsuchen! Wir müssen ihnen zuvorkommen und sie zur Strecke bringen, bevor sie noch einen der Reisenden umbringen!«

Vivana schien ganz angetan von diesem Kerl, mir dagegen war er sofort unsympathisch. Er stellte sich ihr als Jel der Grüne vor. Er war Wildhüter, was nichts anderes bedeutete, als dass er Tiere jagte und tötete, um aus ihren Überresten Profit zu schlagen. Ein Groll gegen die Erdmutter! Sie erlaubt das Töten nur aus Notwehr oder zur Nahrung - nie aber um Geld zu verdienen. Ich dachte daran, dass ich beinahe selbst Opfer eines Fallenstellers geworden wäre … Der hatte sich in Gedanken schon eine Mütze aus meinem zarten Eichhörnchenfell genäht.

Jel forderte uns auf, ihm die Spuren zu zeigen. Als wir aus dem Zelt kamen, sahen wir auch Widun und Anneliese, die durch den Lärm aufgeschreckt worden waren. Wir verließen die Wagenburg und gingen an einem schnarchenden Hügeltroll vorbei, der auf seinen Knochen gestützt doch tatsächlich wieder eingeschlafen war.
Vivana führte ihn zu den Abdrücken im Schlamm. Jel tat beeindruckt: »Ja, tatsächlich, das sind Spuren von vier Wölfen - Silberwölfen, um genau zu sein, wie man ganz leicht an der Anordnung und Größe der Klauenabdrücke erkennen kann. Pro Fell kriegen wir dafür in Altem 50 Silberlinge! Also los!« - Ein Felljäger!

Abenteuer 2: Die Plage - Prolog

Nach unserer Flucht vor den blutrünstigen Ul’Hukk erholten wir uns im askalonischen Zeltlager von den Strapazen. Die Soldaten hatten uns als Verbündete freundlich in ihrem aufgenommen und mit Nahrung und Wasser versorgt. Toran und Edwen verabschiedeten sich nach kurzer Verschnaufpause. Sie mussten wohl oder übel ihrem Auftraggeber die schlechte Nachricht überbringen, dass sie seine Tochter nicht retten konnten.
Es war ein herzlicher Abschied. Ob wir sie irgendwann einmal wiedersehen würden?

Toran musste seinen verletzten Knappen zurücklassen. Der Heiler im Lazarett meinte, dass die Genesung noch einen Mond dauern würde. Die junge Frau namens Cetrill sah ich nicht wieder, hörte aber wie sich Soldaten über ihre Vorzüge unterhielten.

Wir verbrachten die Zeit damit, unsere Fertigkeiten zu verbessern. Tarkin übte mit den askalonischen Soldaten, die überrascht waren, wie flink so ein kleiner Kobold sein konnte. Vivana übte sich in ihren Waffen- und anderen zwielichtigen Künsten. Anneliese studierte heimlich ihr Magiebuch und Widun die hiesige Auswahl an geistreichen Getränken. Einzig der Hügeltroll Urota wurde von den Soldaten ausgegrenzt. Er saß meist abseits, säuberte seinen Riesenknochen und ritzte Zeichen hinein.

Wir warteten auf eine Gelegenheit, das Zeltlager verlassen zu können. Da kam uns eine skilische Händlerkarawane gerade recht. Sie boten uns sechs Silberlinge pro Tag, wenn wir sie zu ihrem Schutz begleiten würden. Natürlich nahmen wir das Angebot an. Nur Saradar hatte Gefallen am Soldatenleben gefunden. Er wollte bleiben und gegen die Tekk-Invasion zu Osirs Ehren kämpfen.