Sonntag, 10. Februar 2019

Der letzte Tanz - Kapitel 9: Die weinende Braut

Widun hatte noch am Abend ein Geschenk besorgt. Er sei – leicht angetrunken - in einen nahe gelegenen Wald gegangen und habe Mnamn um eine Gabe gebeten. Dann sei ihm ein Wildschwein über den Weg gelaufen, das er mit dem gezielten Wurf seines Bierkruges erlegt habe. Das war zumindest die Geschichte, die er uns auftischte, nachdem er mit der großen Wildsau über den Schultern in die Gaststätte gekommen war und sie auf den Tisch geworfen hatte.

Wir hatten den Rat des Waffenmeisters befolgt und waren am nächsten Morgen nackt in den Fluss gesprungen, um den Dreck vom Turnier und den Stallgeruch loszuwerden. Ich hatte die Druidenrobe ausgewaschen und die Löcher gestopft. Sie sah schon wieder ganz manierlich aus. Auch meine Mitstreiter hatten sich herausgeputzt.
Wo waren eigentlich Vivana und Tarquan? Wie sich herausstellte, hatte Tarquan die Nacht in einem Lazarettzelt zugebracht, wegen der Prellungen hatten sie ihm ein starkes Schmerzmittel geben müssen. Mittlerweile konnte er aber schon wieder richtig durchatmen. Vivana und er wuschen sich rasch in der Pferdetränke und legten frische Gewänder an. Zum Bedauern Tarquans ließ sich Vivana nicht dazu überreden, ein richtiges Kleid anzulegen: »Nicht mein Stil«, war ihr Kommentar.
Die Mittagsstunde nahte und wir machten uns auf den Weg zur Regenburg.
Wir mussten dazu den Fluss Regenarm überqueren. Die Wachen hatten die Zugbrücke heruntergelassen und kontrollierten, wer da durch die äußere Burgmauer hinein wollte. Wir wurden direkt durchgewunken – trotz oder gerade wegen des Hügeltrolls mit geschultertem Wildschwein.

Nach dem Durchschreiten des Burgtores bot sich uns ein prächtiger Anblick. Die Innere Burg thronte auf einem hohen, schroffen Felsen, an dessen Flanken sich das Wasser aus dem Reservoir auf dem Turm in Form hunderter filigraner Wasserfälle in die Tiefe ergoss. Alles funkelte und blitzte im Licht der Vormittagssonne. Die Wassertropfen erzeugten herrliche Regenbögen, es sah alles zu schön aus, um wahr zu sein. Um den Felsen herum war ein ringförmiger Wassergraben, der nur an einer Stelle überquert werden konnte. Vom kleinen Brückentor am Fuße des Felsens aus schlängelte sich eine breite, in den Fels geschlagene Straße bis zum Felsplateau nach oben. Nach Durchschreiten des Tores bot sich uns ein weiterer, unglaublicher Anblick. Im Innenhof der Inneren Burg war ein Teich, der das Sonnenlicht spiegelte und auf dem zahlreiche Schwäne trieben. Um ihn herum standen mehrere, uralt wirkende Bäume, die mit ihren Blättern den Rand des Teichs beschatteten und deren Wurzeln an den inneren Burgmauern hochgewachsen waren. Zwischen den Bäumen standen Schreine, die den Guten Göttern gewidmet waren. Inmitten dieser Idylle befand sich ein reich verzierter, steinerner Altar, vor dem sich die hohen Gäste bereits eingefunden hatten. Ich erkannte die Paladine Syr Xardrus und Syr Aschantus. Ein dicker Alunpriester und eine Ianna-Druidin in herrlicher grünbrauner Robe blickten zusammen mit dem Bräutigam Syr Zaran erwartungsfroh zum innersten Turm, dem Regenturm, empor, der im Zentrum der ganzen Anlage thronte. Urota wurde freundlich aber bestimmt angewiesen, die Wildsau bei den übrigen Geschenken abzulegen.
Der Alunpriester Lysandus.
Ein Höfling wies uns unsere Plätze zu, von wo aus wir bedächtig der Vermählungszeremonie folgten. Ein Lächeln huschte über Zarans Mund, als er seine Braut erblickte, die von ihrem Vater, dem Hochfürsten, vorsichtig die Stufen vom Regenturm hinuntergeführt wurde. Der Priester und die Druidin begannen mit Wünschen an die Götter für das Brautpaar. Dann mussten Zaran und Firnja vor den Augen der Völker und der Götter ihre Liebe zueinander beteuern. Zur Huldigung Aluns mussten sie für einen Moment dem blendenden Glanz der Sonne standhalten und dann gemeinsam einen Sprössling zu Ehren der Erdmutter pflanzen. Besiegelt wurde die Vermählung durch einen langen – leidenschaftlichen Kuss. Danach brandete lautes Handgeklapper auf und das Paar konnte sich vor Beglückwünschungen kaum retten. Es wurden Gläser verteilt und Wein ausgeschenkt, sodass alle auf das Wohl des Paares zu Ehren Mnamns anstoßen konnten, dessen Segen sie sich für die folgenden Feierlichkeiten wünschten.
»So folget mir nun alle in die hohe Halle zum Schmausen und fröhlichen Tanze!«, lud uns der Hochfürst ein.

Auch hier wurde uns ein Platz zugewiesen, der eher etwas entfernt vom Geschehen lag. Zur Vorspeise gab es eine duftende Suppe, gefolgt von einer würzigen Pfefferpastete mit Speckscheiben. Dann folgten gebratener Schwan in Rahmsoße und Rinderbraten mit Grünem. Als Nachtisch wurden Sahnekuchen und blauer Pudding gereicht.

Jetzt war die Zeit für den Vermählungstanz gekommen. Das Brautpaar ging mutig voran. Mit all den guten Sachen im Bauch konnte ich mich kaum bewegen, geschweige denn war ans Tanzen zu denken. Das Brautpaar schien sich zurückgehalten zu haben. Sie schwebten verliebt über die Tanzfläche und nach und nach fiel die askalonische und imbrische Verwandtschaft mit ein.

Sogar Graufuchs Xardrus schwang das Tanzbein mit einer Brautjungfer im Arm.
Die geistreichen Getränke hatten die Zungen und gelockert und Völkerunterschiede verschwinden lassen. Selbst Aschantus und Tarkin hatten miteinander angestoßen und auf Bruderschaft getrunken.

Vor dem abschließenden Mahl wagten Zaran und Firnja einen letzten Tanz. Eng umschlungen, müde von den vielen geistreichen Getränken, tanzten bis zur Mitternachtsstunde. Syr Xardrus durfte als Ehrengast den letzten Trinkspruch vorbringen. Er erhob sich von seinem Ehrenplatz zur linken des Hochfürsten und bat mit einem Handzeig um Ruhe. Er musste sich mit seiner linken am Tisch abstützen, der viele gute askalonische Wein musste ihm doch zugesetzt haben. Als er seine Stimme erhob, war davon allerdings nicht zu bemerken: »Es gibt nichts Schöneres auf dieser vom heiligen Licht unseres hohen Herrn erhellten Welt als die Liebe, die sich zwei Menschen schenken können, in Frieden. Um so schöner ist es, wenn diese Liebe Völker vereint und wir uns stärker erheben können gegen alle Feinde, die die Finsternis in unsere Lande und unsere Herzen bringen wollen. Ich erhebe meinen Kelch auf Euch, wunderschöne, ehrbare Fürstin Firnja und Euch, edelmütiger und tapferer Syr Zaran, auf dass Euch Alun allzeit sein Licht sende! Auf Euch!«
Syr Xardrus, der hohe imbrische Paladin des Lichtgottes.
Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Kelch – jeder in der Halle, der ein Glas oder einen Kelch hatte, folgte seinem Beispiel. Vorsichtig nahm der hohe Paladin wieder Platz, fast hätte er sich neben seinen Stuhl gesetzt. Der letzte Schluck schien einer zu viel gewesen zu sein. Unvermittelt kippte Xardrus nach vorne und schlug mit seinem Kopf hart auf den Tisch. Firnja sprang erschrocken auf – ihr Schrei ließ alle bestürzt nach vorne blicken. Der Hochfürst winkte Wael herbei, der den Puls des Paladins zu tasten versuchte. »Er ist tot!«, rief er bestürzt, packte ihn an den Beinen und hievte ihn auf den Tisch. Der alte Paladin war natürlich in seiner verzierten Garderüstung erschienen. Nachdem sie ihm mühsam die Brustplatte abgenommen hatten, versuchte Wael vergeblich, ihn durch rhythmisches Drücken wiederzubeleben. Auch ein Gebet der Ianna-Druidin kam zu spät. Schließlich trat ein Mann im Gewand eines Notors an den Tisch. Er betrachtete den Toten und flüsterte dem Hochfürsten etwas ins Ohr. Dieser wies daraufhin die Wachen an, die Türen der hohen Halle zu verschließen.

Ich blickte mich um: wohin ich auch sah, erschrockene Gesichter, Tränen in den Augen der Frauen und Schweiß auf der Stirn der Männer, Schluchzen und Gejammer. Welch traurige Wendung hatte diese fröhliche Feier genommen. Zaran geleitete seine Gemahlin mit gezücktem Schwert aus dem Festsaal. Auch ihr kullerten Tränen über die Wangen. Ich blickte mich um. Syr Wunnar hatte sich neben mich gesetzt und nippte nervös aus seiner flachen Schnapsflasche, die er immer um den Hals trug. Am anderen Ende unseres Tisches sah ich Lorgrim, den stillen Wanderer, der ebenfalls einen beunruhigten Eindruck machte. Aber wer tat das nicht im Moment? Am Ende der Tafel des Hochfürsten saß Syr Deodan, der vom Lanzenstechen einige Blessuren mitgenommen hatte. Auch die übrigen Ritter des Turniers saßen an den Tischen in der Nähe des Hochfürsten.

Ich konnte Vivana und Tarquan nicht sehen, sie mussten sich scheinbar schon vor dem Nachtmahl davongestohlen haben. Ich wollte mehr erfahren und ging mit Widun nach vorne. Da lag er, der alte Paladin. Seine Haut war seltsam rot verfärbt und seine Zunge hing ihm aus dem Mund. Der Heiler Wael und der Notor – Fjalgur, wie ich aus den Gesprächen erfuhr – untersuchten gerade den Leichnam. Sie versuchten Arme und Beine des Toten zu bewegen, doch waren diese scheinbar zu steif dafür. »Leichenstarre, so schnell, das ist höchst seltsam!«, hörte ich den Notor flüstern.

Die Wachen führten auf Anweisung des Waffenmeisters Radex die Gäste in Gruppen aus der hohen Halle hinaus. Die Ehrengäste wurden in der Inneren Burg untergebracht, während wir zu einem Schlafsaal in einem Gasthaus der unteren Regenburg geleitet wurden. Vier askalonische Wachen blieben vor der Herberge postiert. Dank des vielen Weins schliefen wir rasch ein. Der Blasendruck - oder waren es Albträume - ließen mich in der Nacht jedoch mehrmals wach werden und den Abtritt aufsuchen. Irgendwann fiel ich dann aber doch in einen flachen Schlaf.

Die rot-goldenen Strahlen der Morgensonne hatten mir wohl an der Nase gekitzelt, denn ich wurde wach durch einen Niesenanfall. Urota lag noch im Bett, drehte sich auf die andere Seite und gab grunzende Schnarchlaute von sich, seine Beine hingen weit über die Bettkante hinaus. Mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt, in einem trollischen Sägewerk zu übernachten. Ich sprang aus dem Bett und streckte mich. Auf dem Weg zum Abtritt kamen mir Anneliese, Freya und Maluna entgegen, die sich bereits im Frauen-Waschraum frisch gemacht hatten und ins Zimmer nebenan gingen. Vom Treppenabsatz aus hörte ich Widuns markante Stimme, der mit dem Wirt über eine Bierweihe verhandelte, damit dieser das Gebräu noch teurer würde verkaufen können. Zurück im Zimmer machte Saradar Liegestütze. »Von nichts kommt nichts!«, war sein Kommentar als ich wohl einen Moment zu lange seinen muskulösen Rücken bewundert hatte. Auch Tarkin war nicht faul und machte Klimmzüge an einem Querbalken. »Als Ritter ist körperliche Ertüchtigung unheimlich wichtig!«, erklärte er mir schnaufend.
Ich sah auf mein Bäuchlein – nun ja, nach dem festlichen Mahl gestern musste ich es jetzt wohl eher »Wamst« nennen - hinab und entschloss, auch ein paar Übungen zu machen – wenn nicht Widun gerade von unten zum Frühstück gerufen hätte.

Wir waren im »Braunen Tropfen« untergekommen, einem rustikalen Gasthaus mit einem dutzend Gasträumen. Der Schankraum war voll. Widun stellte uns dem Höhlenschrat vor, der hinter der niedrigen Theke stand: »Darf ich Euch vorstellen, das ist Farenn, genannt ›Donnerhorn‹. Ich habe heute Morgen bereits sein Bier gesegnet und er hat mir einige Geschichten über die Schluchtenstadt der Höhlenschrate erzählt. Ich muss da unbedingt einmal wieder hin. Nicht dass sie dort noch Mnamn abtrünnig werden!« Der Wirt lachte bei diesen Worten: »Glaube ich kaum, mein lieber Widun. Solange es Bier auf der Welt gibt, muss sich Mnamn keine Sorgen machen!«
»Sagt, Ihr Kerle und Weiber aus dem Bund aus – Rotz und Wasser?«, sah der Wirt fragend in die Runde. »Blut und Feuer!«, korrigierte ihn Tarkin scharf. »Schlimm, was da gestern vorgefallen ist, aber von uns hat sicher keiner geheult!« Widun versuchte den Kobold zu beruhigen: »Farenn hat eine etwas derbe Art von Humor, nimm es ihm nicht übel.«
Der Höhlenschrat mit seinen asymmetrischen Hörnern war neugierig: »Was ist da gestern eigentlich vorgefallen? Die Soldaten wollen nicht so recht damit rausrücken.«
Widun beugte sich über die Theke und flüsterte: »Also ich glaube ja, der alte Paladin hat ein falsches Bier getrunken, war bestimmt nicht gesegnet! Ist einfach so vornüber gekippt, konnten nichts mehr machen. Wenn Du mehr erfährst ...« Farenn nickte: »Ja, ja, wenn ich was Neues höre, lasse ich es Dich wissen. Wie sieht es aus, Blut-Bund? Etwas Blutwurst zum Frühstück?«
Tarkin schüttelte den Kopf: »Nein, aber ich hätte gerne ein Dünnbier.« Für einen Silberling wanderte Besagtes über die Theke.

Ich schaute mich im Schankraum um. Am runden Holztisch vor mir spielten ein paar imbrische Gäste »Spinnen und Zyklopen«, ein Würfelspiel, um sich die Zeit zu vertreiben. In einer Ecke erkannte ich Syr Deodan, der mit zwei seiner Soldaten am Tisch saß. Als er uns sah, winkte er uns zu sich.
»Das war Mord! Syr Xardrus war ein frommer Anhänger Aluns und einer der höchsten Paladine des Reiches, nie hätte ihn der Lichtgott vor seiner Zeit abgerufen!«, ereiferte sich der Ritter.
Tarkin sah ihn fragend an: »Aber wie? Mit Gift?«
»Das weiß ich nicht!«, zuckte Deodan mit den Schultern. »Selbst wir stehen jetzt unter Stubenarrest, nur zu gerne würde ich herausfinden, was genau passiert ist und wer dahintersteckt!«
»Habt Ihr denn irgendeinen Verdacht?«, wollte ich wissen.
»Ich denke jeder käme in Frage, der ein Interesse daran hat, das Verhältnis zwischen Imbrien und Askalon zu stören. Ein Mord an einem hohen imbrischen Paladin während der Vermählungsfeier auf der Burg eines der wichtigsten askalonischen Hochfürsten! Mir fällt gerade ein, dass der Hochfürst und der Graufuchs noch auf der Wegburg einen heftigen Streit hatten, ich kann mich leider nicht mehr an den genauen Grund erinnern. Aber vor dem Turnier schienen sie sich ja wieder versöhnt zu haben.«

Syr Deodan ereiferte sich wieder: »Und ich muss hier untätig rumsitzen! Stehe ich etwa auch unter Mordverdacht?«, rief er in Richtung des Wachsoldaten, der gerade für seine Kameraden ein Frühstück beim Wirt holte. Saradar stellte sich ihm in den Weg: »Sagt, wisst Ihr, wo unsere Freundin Vivana untergebracht wurde?« Der Soldat sah eingeschüchtert aus, zumal er sich mit den vier Bierkrügen und zwei langen Broten unter den Armen nicht hätte wehren können.
»Ich weiß nichts von einer Jujin, und wenn, dürfte ich Euch nichts sagen!« Der Soldat versuchte, den Barbaren links anzutäuschen, um dann rechts an ihm vorbeizukommen. Keiner hatte ihm gesagt, dass Vivana eine Jujin-Vergessene war, er wusste sehr wohl etwas!
Urota war zur Stelle, packte den Soldaten von hinten am Schlafittchen und hob ihn mitsamt Bier und Broten in die Höhe, sodass seine Füße Luftschritte machten. Die drei anderen Soldaten vor der Tür hatten wohl mitbekommen, dass es drinnen Ärger gab und kamen mit Hellebarden im Anschlag ins Gasthaus.
Der Höhlenschrat war plötzlich sehr aufgeregt und rief: »Heh, Troll, lasst den Wachsoldaten runter, die befolgen doch auch nur ihre Befehle!«
Saradar nickte Urota zu und dieser ließ den Soldaten wieder runter – nicht ohne ihm ein Brot und ein Bier abzunehmen. Nach zwei Bissen war das Brot im Mund des Trolls verschwunden und nach zwei Zügen aus dem Bierkrug hinuntergespült. Die Wachsoldaten wagten nicht zu protestieren und verließen eiligst wieder die Herberge. Wir hörten, wie die Tür von außen verriegelt wurde.
»Vielen Dank, jetzt sind wir hier völlig eingeschlossen!«, schimpfte Donnerhorn. Jetzt wurde mir klar, warum er diesen Spitznamen hatte.
Syr Deodan winkte uns wieder zu sich und tuschelte verschwörerisch: »Ich habe eine Idee, wie wir an Hinweise gelangen können. Wir bräuchten nur jemanden, der klein genug ist, um hier unbemerkt rauszuschlüpfen.« Sein Blick wanderte dabei zwischen Tarkin, Anneliese und Freya hin und her. »Die Wachen haben die Fenster sicher im Blick. Es muss noch einen anderen Weg aus der Gaststätte hinaus geben!«

Draußen wurden die Riegel wieder beiseite geschoben. Der dicke Heiler Wael und der Notor Fjalgur in seiner dunkelblauen Robe betraten das Gasthaus in Begleitung der vier Wachsoldaten.
Alle Gäste wurden angewiesen, auf ihre Zimmer zu gehen. Sie wollten die einzelnen Gruppen nacheinander in einem Nebensaal des Schankraums zum Todesfall befragen. Als wir an der Reihe waren, fragte uns Fjalgur zunächst, wer wir seien und warum wir hier wären. »Wir sind der ›Bund aus Blut und Feuer‹ und auf Einladung des Hochfürsten wir, da wir in der Schlacht an der Wegburg an seiner Seite gegen die Tekk-Invasoren gekämpft haben.« Fjalgur fuhr mit seiner Vernehmung fort: »Habt Ihr etwas Verdächtiges bemerkt? Habt Ihr eine Idee, wer ein Interesse daran haben könnte, Xardrus zu ermorden?« - »Also war es doch Mord?«, warf Tarkin ein. Der Notor ignorierte ihn einfach. »Vielleicht jemand, der einen Keil zwischen Askalonier und Imbrier treiben will? So einer wie dieser Syr Madhur«, merkte ich an.
»Die Befragungen werden vielleicht noch ein paar Tage dauern, solange müsst Ihr mit dieser Gaststätte vorlieb nehmen. Falls sich weitere Fragen auftun, weiß ich ja, wo ich Euch finden kann!« - »Tage?«, fragte Saradar erbost. »Ich bleibe doch nicht in dieser Gaststätte hocken, während die Ul'Hukk schon wieder ihren nächsten Angriff aushecken!« Wael versuchte ihn zu beruhigen: »Sobald wir alle befragt haben, könnt ihr die Gaststätte verlassen und Euch in der Stadt frei bewegen.« »Wisst Ihr vielleicht etwas über den Verbleib unserer Jujin-Freundin Vivana?«, fragte ich. Die beiden Ermittler sahen sich schweigend an, ließen meine Frage unbeantwortet, erhoben sich dann von ihren Plätzen und ließen uns von den Wachen wieder auf unsere Zimmer bringen. Deodan wurde die Treppe runtergeführt. Ich konnte ihm ansehen, dass er nur darauf wartete, jemandem mal so richtig die Meinung sagen zu können. Tatsächlich hörten wir einen Teil der Befragung durch die dicke Holzdecke hindurch. Ein Wort blieb mir besonders in Erinnerung: »Madhur.«

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