Freitag, 8. August 2014

Die Trolljagd - Kapitel 3: Söldner und Scharlatane

Inzwischen war die Nacht hereingebrochen. Unsere nicht immer ganz so einträchtige Runde um das Lagerfeuer wurde jäh von Pferdegetrappel unterbrochen. Drei Reiter jagten ihre Pferde in vollem Galopp auf den Markplatz zu. Dort angekommen machten sie abrupt Halt und sprangen ab. Die Pferde keuchten vor Erschöpfung.

„Horcht! Horcht!“, schrien sie bis sich eine größere Menge um sie herum versammelt hatte. Auch einige Mitglieder der Söldnerbande waren zugegen.
Einer der Reiterboten berichtete atemlos: „Wir kommen aus Schaynwayle. Die Stadt wird von Trollen angegriffen. Wir befinden uns im Krieg mit den Trollen! Wir brauchen jede Unterstützung, die wir kriegen können! Alle Freiwilligen mögen sich bis Tagesanbruch hier auf dem Marktplatz sammeln!“

Edwen erklärte, dass es sich bei Schaynwayle um ein kleines Grenzstädtchen im Norden handelte. Sie hatten nur eine kleine Garnison, die einem Trollangriff nicht lange standhalten würde. Wir waren uns uneins, ob wir uns dem Feldzug gegen die Trolle anschließen sollten. Einer unserer Gefährten war schließlich ein Troll - sollte er denn gegen sein eigenes Volk zu Felde ziehen? Wir wussten um Urotas Stärke, was sollte man da gegen eine ganze Trollarmee ausrichten?

Immer mehr Leute kamen auf den Marktplatz. Anneliese wies uns auf einen Krämer hin, bei dem sie einen Zauberstein gekauft hatte. Er war in ein Gespräch mit Halar, dem Anführer der Söldner, vertieft. Die beiden schüttelten sich die Hände. Der Krämer Irozan hatte wohl ein gewinnbringendes Geschäft abgeschlossen.

Vivanas Augen waren auch die Söldnertruppe fixiert. Einer der Söldner mit einer Augenklappe zwinkerte ihr zu. Ich sah, wie sich ihre Gesichtsfarbe von ihrem natürlichen Gelbton in ein leuchtendes Rot verwandelte…

Wir einigten uns schließlich darauf, als Gruppe zusammenzubleiben und den Menschen in Schaynwayle zu helfen. Wir mussten Tarso noch von unserem Entschluss unterrichten. Er bot uns zwei seiner Wagen und Pferde an.
„Bringt sie mir heil zurück, oder ich muss euch 100 Silberlinge pro Wagen und Pferd in Rechnung stellen!“

In aller Früh brachen wir unter der Führung eines Reiterboten in Richtung Norden auf. Zu unserem Tross gehörten acht der gut bewaffneten Söldner und der von Widun als Scharlatan bezeichnete Irozan. Viele der Händler standen vor ihren Zelten und schauten uns nach. Wir kamen auch an einem Zirkuszelt vorbei. Ein zweiköpfiger Schrat blickte daraus hervor und lächelte uns zu.

Als die Sonne unterging machten wir Halt. Ein bärtiger Söldner machte Feuer, zwei andere übernahmen die erste Nachtwache, dann waren Vivana und Tarkin an der Reihe. Wir saßen am Lagerfeuer. Der Söldner, der das Feuer schürte, stellte sich uns als Zottelbart vor. „Eigentlich nicht mein richtiger Name, aber alle nennen mich so“, lachte er.
Er wandte sich an Urota.
„Was macht so ein Hügeltroll wie du in menschlicher Gesellschaft?“, wollte er von ihm wissen.

Urota hatte inzwischen so viel der Gemeinen Sprache erlernt, dass er ihn verstand und – etwas unverständlich zwar – auch antworten konnte.
„Hexenmeister mich verkaufen – soll sterben! Böse Tekk mich versklaven - Menschen mich befreien, dankbar!“

„Mutig von euch mit so einem Troll zu reisen“, wandte sich Zottelbart an den Rest der Gruppe.
„Ich will euch etwas über Trolle erzählen. So weit mir aus Askalon bekannt ist, können sie sehr alt werden, man schätzt so 500 Jahre. Und sie wachsen ihr ganzes Leben lang. Was sie an Körpergröße zulegen, bauen sie an Geisteskraft ab. Es wird von Trollriesen berichtet, die dem Wahnsinn anheim gefallen sind. Zum Glück bin ich noch keinem über den Weg gelaufen... eine solche Begegnung soll meist tödlich enden!“

Saradar fragte in die Runde, ob Trolle irgendwelche bekannten Schwachstellen hätten. Dann fiel sein Blick auf Urota. Er musterte ihn eindringlich bis dieser schließlich mit einem bösen Blick zurückstarrte.

Nachdenklich antwortete der Söldner.
„Na ja, sie haben eine dicke Haut und sind deshalb schwer zu verletzen. Aber stecht ihnen ins Herz oder schlagt ihnen den Kopf ab, dann stehen sie wahrscheinlich nicht wieder auf. Irgendwas war noch mit ihrem Blut ... will mir gerade nicht einfallen.“

Widun hatte sich inzwischen, dank mehrerer Krüge Schratenbier, mit ein paar Söldnern angefreundet.

Nach einer ruhigen Nacht und unbeschwerten Weiterreise, erreichten wir die Stadtmauer von Schaynwayle. Zu unserer Verwunderung öffnete sich das Stadttor – und der Ratsherr der Stadt, ein Syr Goreck, stand vor uns. Er berichtete, dass es ihnen gelungen war, ein Eindringen der Trolle zu verhindern. Sie seien in Richtung Westen verschwunden. Er berichtete, dass es um die 50 Trolle gewesen sein mussten, und dass ein riesiges Monster darunter gewesen sei, das es fast geschafft habe, das Stadttor aufzubrechen.
„Wir wollen 50 Reiter losschicken, um die Trolle zu jagen und die Bedrohung ein für alle Mal zu beenden! Schließt Ihr Euch an?“

Währenddessen sah ich, wie sich der Scharlatan und ein dicker Söldner, der von allen zurecht Fass genannt wurde, unterhielten. Ich konnte nur das Wort 'Trollblut' aufschnappen.
Tarkin hatte inzwischen mitbekommen, dass sich einer der Söldner namens Tanz sehr für unseren Barden interessierte und konnte sich natürlich eine diesbezügliche Anspielung nicht entgehen lassen.
„Na, Saradar, hast du schon den Preis für den Weinschlauch mit Tanz ausgehandelt?“

Während Saradar und Widun in der Stadt ihre Vorräte an geistreichen Getränken aufstockten, brach der Reitertrupp Schaeynwayles mit den Söldnern auf. Wir folgten ihren Spuren nach einer erneuten Auseinandersetzung, ob wir es überhaupt mit dieser Trollarmee aufnehmen sollten. Mit Einbruch der Nacht suchten wir Unterschlupf in einer Höhle. Anneliese entfachte ein Feuer, während sich Tarkin auf einem Hügel postierte.

Nach einer Weile trat ohne Vorwarnung eine dunkle Gestalt in unsere Höhle. Mit einem Arm hatte sie sich Tarkin vor die Brust geklemmt, mit dem anderen hielt sie ihm eine Klinge an den Hals.
„Macht sofort das Feuer aus! Wollt ihr etwa die Trolle hierher locken?“, zischte sie uns an. Bei der Gestalt handelte sich um einen Söldner namens Mond. Ich konnte nur seine dunklen Augen erkennen, da der Rest des Gesichts durch einen Helm verdeckt wurde. Nachdem auch unser Schnarchtroll endlich wach war, folgten wir Mond.

Er führte uns sicher ins Lager der Söldner. Ein Söldner namens Speer zeigte beim Eintreffen auf Urota.
„Was sollen wir mit dem da machen?“

„Ich wüsste da schon was!“, rief Fass und strich dabei mit seinem Finger quer über den Hals.

Widun schritt ein: „Das ist unser Gefährte. Er hat tapfer mit uns gekämpft!“

Speer wandte ein: „Jetzt geht es aber gegen sein eigenes Volk!“

Widun entgegnete: „Na und, wie viele Menschen habt Ihr denn schon getötet?“

Auf diese Gegenfrage hin brach bei den Söldnern Gelächter aus, und die Lage entspannte sich schlagartig. Wir sollten uns zu ihnen setzen und ein Bier mit ihnen trinken. Während die anderen ihre Furcht betäubten, schaute ich mir diese Gestalten etwas genauer an.
Ich konnte beobachten, wie sich der Söldner mit der Augenklappe, der wohl Tarquan hieß, an Vivana ranmachte.
„Trinkt Ihr einen Becher Wein mit mir? Morgen könnten wir alle tot sein!“
Nach einer Weile sah ich, wie die beiden wild küssend und sich befummelnd in einem Zelt verschwanden.
Der dicke Söldner hatte es ebenfalls mitbekommen und rief lachend: „Gleich wird sie wissen, warum er auch Pferd genannt wird!“
Das ließ die Söldner ihre Achtsamkeit vergessen und sie brachen in lautes Gelächter aus.
Mir war hingegen nicht zum Lachen zumute. Langsam kroch mir die Angst in die Knochen.

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