Sonntag, 3. Juni 2018

Der letzte Tanz - Kapitel 7: Kleinvolks Ritterschlag

Wir wurden vom Krähen eines Hahns geweckt. Es war noch früh und dunkel draußen. Jemand aus dem askalonischen Lager rief »Scheißhahn«.

In der frühen Morgenstund tat der Hahn sein Krähen kund,
doch einer mocht es lieber ruhig,
und schnitt dem Hahn die Gurgel durch.

Zumindest war jetzt Ruhe und ich konnte vielleicht noch einmal einschlafen. Widun rieb sich die Augen und streckte sich. »Der Schratenherr fordert seinen Tribut«, rief unser Bierprediger und schwang sich in die Höhe, um aus dem Zelt zu gehen.

Zur ersten Morgenstunde ungefähr, da drückt' den Schrat die Blase sehr,
er sprang von seinem Bette auf,
und setzte noch 'nen Darmwind drauf.

»Ah, frische Luft!«, meinte Saradar als er vors Zelt trat und machte sogleich ein paar Liegestütze, der Reliquienknochen baumelte dabei im Dreck. »Ich würde an deiner Stelle ein bisschen besser auf das Ding aufpassen!«, merkte Vivana an. »Der Priester meinte, dass dich der >Schwarze Sidd< wieder holt, wenn du den verlierst!«
Freya korrigierte: »Das heißt >Schwarzer Sud<, und das ist kein Dämon oder Geist, sondern eine Art schmarotzender Seelenfresser.«
»Apropos >essen<, ich schlage vor, wir gehen zum Frühstück in die Schenke!«, rief Widun, der sich hinter dem Zelt einer großen Last entledigt zu haben schien, so erleichtert, wie er jetzt dreinblickte.

Ich sah, wie Anneliese noch etwas müde in Richtung des imbrischen Lagers davonstappste, was sie wohl vorhatte?

Die Sonn' in ihrem Morgenlauf, folgt' der Koboldmagierin bergauf,
auf der Suche nach 'nem roten Stein,
trat se in Fisimatenten rein.

Saradar spielte mit Radaras, seinem Wiesel. Danach lief es ihm von Arm zu Arm und blieb schließlich auf seiner tätowierten Schulter sitzen. Das war immer das Zeichen gewesen, dass es Hunger hatte, aber der Barbar reagierte nicht darauf. Unvermittelt sprang es runter und schwänzelte in Richtung Lagerausgang davon. »Willst du nicht hinterher?«, fragte ich Saradar.
»Radaras muss langsam lernen, für sich selbst zu sorgen und auf die Jagd zu gehen. Ich kann ihn ja nicht ewig durchfüttern. Der verweichlicht mir noch!«

»Wo bleibt Anneliese?«, fragte Tarkin. »Wollte sie nicht mit uns frühstücken?«
Widun zuckte mit den Schultern. Wir hatten eine volle Stunde gewartet, doch sie war noch nicht zurück. Saradars Schoßtier kam jedoch zurückgewieselt und zerrte an seinem Schuh.
»Was willst du mir sagen? Soll ich dir folgen?«, fragte der Bestienmeister.
Das Wiesel lief in Richtung Lagerausgang und dann auf das imbrische Lager zu, wir hinterher.

Radaras hielt auf auf ein Zelt am Rande des Lagers zu. Ein hochgewachsener Imbrier mit kahlgeschorenem Schädel stand in der Nähe und gab zwei Soldaten Anweisungen: »Lasst die Hexe nicht aus dem Zelt, wir werden ihr heute noch den Prozess machen – dann gibt es heute Abend noch ein schönes Feuerchen.« Er lachte – bis er uns kommen sah. Sein Gesichtsausdruck wurde direkt wieder ernst – todernst. Edwen wollte Tarkin zurückhalten – doch es war zu spät.
»Seid gegrüßt im Lichte Aluns«, hieß er uns willkommen. »Sagt, Ihr seid ein Kobold, habt Ihr vielleicht etwas mit einer Koboldin zu tun, die sich mit den schwarzen Künsten beschäftigt?«
Tarkin tat so, als sei er gar nicht gemeint und blickte in der Gegend umher.
»Ja, Euch meine ich, Pelzknäuel!«, versuchte der Imbrier Tarkins volle Aufmerksamkeit zu gewinnen. Das Wiesel war inzwischen weiter auf das Zelt zugelaufen.
Tarkin versuchte ihn vom Wiesel abzulenken: »Sprecht Ihr mit mir? Ich bin Tarkin, großer Koboldkrieger und Mitglied im >Bund aus Blut und Feuer< und gehöre auch zur Bruderschaft der Wegburg. Und wer gedenkt Ihr zu sein?« Er hatte bei seinen Worten deutlich seine Brust rausgestreckt und versucht eine edle, ja fast ritterliche Haltung anzunehmen. Aufgrund des Größenunterschieds wirkte das ganz etwas grotesk. Fehlte noch, dass er sich von Urota in die Höhe heben ließ, damit er auf den Imbrier hätte hinabsehen können.
»Ihr seid tollkühn. Wisst Ihr denn nicht, dass Ihr Syr Aschantus, den Waffenmeister der Paladine des Lichts vor Euch habt?«, entgegnete ihm der Ritter in seiner gülden blinkenden Rüstung und schien wenig beeindruckt zu sein. Das Wiesel hatte inzwischen das Zelt erreicht und war hineingeschlüpft – unbemerkt von den beiden Soldaten, die sich angeregt über die neueste Errungenschaft in der Waffenentwicklung, die >Armbrust< unterhielten.
»Ihr habt bestimmt etwas mit ihr zu tun! Eine Gegenüberstellung wird mir Gewisstheit bringen!« Mit diesen Worten packte er – wir kamen gar nicht dazu, zu protestieren – Tarkin am Arm und zerrte ihn in Richtung Zelteingang. Tarkin stemmte sich nach Leibeskräften dagegen. Als sie zum Zelt kamen und der imbrische Paladin die Plane hochschlug – war das Zelt leer.
»Diese Hexe, wie konnte sie sich befreien! He, Soldaten, ihr solltet doch den Eingang bewachen!«, schnauzte der die beiden Wachmänner an. Er hatte Tarkin losgelassen und wir entschieden, so schnell wie möglich das Lager der Hexenjäger zu verlassen.

Der Vormittag war schon im Gange, da wurd's der Hex im Zelt ganz bange,
doch kam ein Wiesel reinspaziert, biss Fesseln durch und grub ein Loch,
Radaras, der lebe hoch!

Wir fanden Anneliese und das Wiesel in unserem Zelt im askalonischen Lager.
»Puh, das war knapp«, seufzte sie, als wir eintraten. Widun schüttelte mit dem Kopf: »Wie hast du dich denn in diese Lage gebracht?«
Anneliese zuckte mit den Schultern: »Ich habe den Mann in der tollen goldenen Rüstung – die hat vielleicht geblinkt im Morgenlicht, ich sage euch - gefragt, ob er einen Krämer kennt, der magische Steine verkauft.« Tarkin hielt sich die Hände vor Augen, um die Lachtränen zu verbergen: »Hast du nicht!« »Doch, und dann meinte er, dass ich wohl eine Hexe sei, hat mich fesseln lassen und dann haben sie mich in ein Zelt reingelegt. Dann kam das Wiesel, hat mir die Fesseln durchgenagt und mir beim Graben geholfen, sodass wir an der Rückseite des Zelts unbemerkt entkommen konnten.« Widun schüttelte ungläubig den Kopf: »Hab ich dir nicht gesagt, dass du mit deiner Magie vorsichtiger sein musst! Die Imbrier, und besonders diese Paladine, verstehen da keinen Spaß. Erst schneiden sie dir die Zunge raus, dann hacken sie dir die Hände ab und schließlich verbrennen sie dich auf dem Scheiterhaufen. Die fackeln da nicht lange!«
Anneliese war bei diesen Worten immer kleiner geworden, senkte den Kopf und flüsterte: »Ich werde vorsichtiger sein, versprochen!«
Wir gingen zum Frühstück in die Schenke der Wegburg, Anneliese hatte den Kragen ihres Wolfsfellmantels hochgeschlagen, sie wollte unerkannt bleiben – soweit das hier für einen Kobold überhaupt möglich war.

Kurz nachdem wir gefrühstückt hatten, kam Valan in die Schenke und rief: »Kommt alle in den Burghof, der Hochfürst hat etwas Wichtiges zu verkünden!«
Wir folgten seiner Aufforderung, stellten uns jedoch in die hinterste Reihe.

Der Innenhof wimmelte mittlerweile nur so von Rittern, auch die Wehrgänge und die Turmtreppen standen voll. Der Hochfürst trat auf ein Podest; er wurde flankiert von Syr Deodan, dem Anführer des askalonischen Heeres aus Regenfels, und einem etwas älteren imbrischen Paladin, bei dem es sich – so vermutete ich – um Syr Xardrus handeln musste, den Syr Madhur >Graufuchs< genannt hatte. Der alte Paladin überreichte Syr Vardek eine kleine Schriftrolle, die er auch sogleich entrollte, kurz durchlas und dann verkündete:
»Werte Ritter Imbriens, werte Ritter Askalons. Ich hab soeben eine Nachricht erhalten von Syr Ilon Heckslay, unserem tapferen askalonischen Heerführer und Lichtbringer. Er beglückwünscht uns zum Sieg gegen die Tekkarmee. Gleichzeitig rät er uns aber zur Vorsicht, da die Ul'Hukk ihre drei großen Verbände aufgelöst hätten, und die Angreifer nur den Bruchteil eines dieser Verbände dargestellt hätten. Die Ruine Skalan sei gegen Angriffe befestigt worden, sodass hier unsere Verteidigungslinie steht, und der askalonische Grenzwall wieder geschlossen ist. Auch dort im Westen konnten zwei Angriffe der Tekk erfolgreich abgewehrt werden.« Die Imbrier klatschten höflich, während die meisten Askalonier kaum eine Regung zeigten.
Syr Vardek gab Xardrus das Pergament zurück und ließ sich von ihm ein großes, kunstvoll verziertes Schwert reichen.
»Ich habe eine weitere Pflicht zu erfüllen. Knappe Tergen, aus den Reihen der imbrischen Soldaten, Hauptmann Wunnar von der Bruderschaft der gekreuzten Schwerter und Krieger Tarkin vom Bund aus Blut und Feuer, tretet vor!«
Tergen und Wunnar standen bereits vor dem Hochfürsten, als es Tarkin endlich gelungen war, sich durch die Reihen zu schlängeln.
»Kniet nieder, Soldaten. Mir wurde berichtet, dass ihr euer Leben in besonderem Maße eingesetzt, Mut und Geschick bewiesen und gezeigt habt, dass ihr es versteht, andere anzuleiten und zu führen im Chaos einer Schlacht. So sprecht mir folgende Worte nach und empfangt als Auszeichnung von mir den Ritterschlag!«
Sie sprachen dem Hochfürsten folgende Worte nach; ich merkte, dass Tarkin einen Kloß der Rührung im Hals hatte:

»Ich gelobe, hier vor den Völkern Ions und im Angesicht der hohen Götter, dass Respekt, Treue, Demut, Beharrlichkeit, Mut, Disziplin und Hingabe fortan zum Wohle der Schwachen und zum Ruhme der gerechten Götter mein Handeln und Tun bestimmen mögen.« Jetzt trat der Hochfürst zu jedem einzelnen hin, legte das Schwert mit der stumpfen Seite auf jede Schulter und goss anschließend etwas Öl über ihre Häupter.
Er schloss die Zeremonie mit den Worten: »Bei den hohen Göttern, erhebt euch nun als Ritter, Syr Tarkin vom Bund aus Blut und Feuer, Syr Wunnar von der Bruderschaft der gekreuzten Schwerter und Syr Tergen aus der Altmark.«
Die frisch gesalbten Ritter konnten sich vor Umarmungen und Glückwünschen kaum retten. Syr Tarkin tauchte unter den Umarmungen durch, konnte aber dem vernichtenden Blick, den ihm Syr Aschantus zuwarf, nicht entgehen.

Der Sonnenstand zeigt' es war Zenit, als ein Kobold zum Schlage kniet',
Schwert auf die Schultern, Salbe aufs Fell,
ein Ritter werden, das ging doch schnell.

Inzwischen war ein junger imbrischer Ritter an die Seite des Hochfürsten getreten. Vardek hob die Hand und bat die Menge um Ruhe. »Syr Zaran aus der Blutmark ist einer der tapfersten Streiter gegen die Horden der Tekk. Um so mehr freut es mich, dass er vor nicht allzu langer Zeit um die Hand meiner Tochter Firnja vom Regenfels angehalten hat.«
Ein »Hört, hört!« und kurzer Jubel unterbrach den Redner, während ich mitbekam, wie Syr Madhur, der ein paar Schritt neben uns stand, laut hörbar ausspuckte.
Syr Vardek musste erneut die Hand heben, bis wieder Ruhe herrschte, um dann fortzufahren:
»Mit großer Freude gewähre ich ihm die Hand meiner geliebten Tochter, auf dass Imbrien und Askalon wieder ein Stück enger zusammentreten, um auch in Zukunft als Einheit gegen unseren Feind ins Felde zu ziehen!«
Ein lauter Jubel brandete auf, doch konnte dieser nicht einige verärgerte Zwischenrufe ganz überdecken.
»Anlässlich unseres großen Sieges gegen die tekkische Horde«, Zaran räusperte sich, »und – natürlich – auch wegen der bevorstehenden Vermählung des ehrenwerten Syr Zaran und meiner Tochter Firnja, lade ich alle Kämpfer, die an den Schlachten um die Wegburg oder im grünen Kessel teilgenommen haben, zu den Festivitäten auf meiner Burg – Burg Regenfels – ein. Ich hoffe auf zahlreiches Erscheinen!«
Diesmal noch lauterer Beifall. Ich sah, wie sich Syr Madhur an zwei Soldaten vorbei drängte, um an den Hochfürst zu kommen. Syr Zaran und ein etwas älterer Mann mit Knollennase zückten ihre Schwerter und postierten sich zwischen den beiden.
Syr Madhur spuckte ihnen vor die Füße: »Ich lehne eure Einladung ab«, stieß er wütend hervor und drehte sich dann im Kreis. »Ihr alle solltet das tun! Wenn durch Heirat unsere Länder in die Hände der Imbrier fallen, werden zuerst Askalon und dann ganz Thalien fallen! Diese arroganten >Streiter des Lichts< sind sich doch zu fein, richtige Kriege zu führen! Sie kommen doch nur von ihren Sonnenschein-Hügeln runter, wenn sie nichts zu verlieren haben! Spielen sich als große Retter und Sieger auf, dabei wissen sie gar nicht, wie es ist, ständig um seine Heimat kämpfen zu müssen. Ich sage, lasst uns keine Zeit vergeuden mit Feiern und Festivitäten! Lasst uns den verbliebenen Grauhäuten in den Arsch treten und dann Neprox angreifen – wenn wir sie aus Askalon getilgt haben, dann können wir feiern! Erst dann haben die Imbrier bewiesen, dass sie uns ein wahrer Freund sind!«
Bevor der verblüffte Hochfürst ihm etwas entgegnen konnte, hatte sich Madhur abgewandt und sich seinen Weg durch die Menge gebahnt. Er hinterließ eine Welle aus Gemurmel und Getuschel.

Wir berieten uns kurz und entschieden dann, der Hochzeit als Gäste beizuwohnen. Vor dem Aufbruch wollten wir aber noch einmal nach den Rotall-Brüdern sehen. Wael und die Magd waren mit der Versorgung der beiden beschäftigt. Während Toran in einem tiefen Schlummer lag, öffnete Benesch kurz die Augen und sagte uns, dass Toran kurz bei Bewusstsein gewesen sei und mit uns sprechen wollte. Diese wenigen Worte strengten Benesch so sehr an, sodass uns Wael hinausschickte. »Auch Toran wird noch bestimmt zwei Monde brauchen, bis er sich von seinen Wunden erholt hat. Kommt doch nach der Hochzeit noch einmal vorbei, vielleicht ist er dann bereit für ein längeres Gespräch.«

Edwen entschied, vorerst auf der Wegburg zu bleiben, um Notor Gulim zu unterstützen und Toran bei seiner Genesung beizustehen: »Das bin ich meinem alten Kumpel schuldig!«
Er verabschiedete sich herzlich von uns: »Wir werden uns sicher bald wiedersehen! Ich wünsche euch viel Spaß bei den Hochzeitsfeierlichkeiten. Mir ist im Moment nicht nach feiern zumute angesichts der Lage im südlichen Askalon. Ich würde euch bloß den Spaß verderben.«

Wir gingen noch einmal zu Notor Gulim, der jeden - selbst den Troll - umarmte und einen Bruderkuss aufdrückte: »Ich finde es gut, dass es eine neue Verbindung zwischen Askalon und Imbrien geben wird. Ich würde auch gerne mitkommen, muss mich aber um die Wegburg kümmern. Die Rotall-Brüder werden noch lange für ihre Genesung brauchen, solange muss ich mich um alles kümmern. Braucht ihr Pferde oder Proviant für die Reise? Bis zur Regenburg sind es hoch zu Ross zwei und zu Fuß etwa vier Tagesreisen!«
Wir nahmen gerne etwas Proviant mit, doch Pferde hatten wir selbst genug: Saradar hatte sein Schlachtross, Widun und Anneliese einen Schimmel und wir hatten noch drei Pferde von Fugan Tayn.
»Passt auf euch auf, und Syr Tarkin, trinkt nicht zuviel, Ihr wisst, dass ihr das nicht vertragt! Jetzt als Ritter müsst Ihr mehr auf Etikette achten. Mögen die guten Götter euch begleiten!«, verabschiedete sich Gulim von uns.

Als wir losritten, küsste die Sonne bereits die schwarzen Berge, der Himmel leuchtete in Rosa- und Gelbtönen. Nach etwa einem Drittel der Strecke machten wir Halt und schlugen ein Nachtlager auf. Mitten in der Nacht kam Saradar, der Barde, der bislang noch kein einziges Mal für uns gesungen hatte, auf die glorreiche Idee, ein Bardenlied anzustimmen. Selbst der Schnarchtroll wurde dadurch wach und stimmte in den Gesang mit ein. Ein Eulenvogel ließ ein lautes >Uhuuuu< ertönen und suchte dann das Weite. Während meiner Wache sah ich eine Sternschnuppe am Himmel, die sich ihren feurigen Weg übers Firmament bahnte und dann nach einem Blinzeln schon wieder verglüht war.

Am nächsten Morgen begrüßte uns Alun mit einem bunten Sonnenaufgang. Das Wetter meinte es gut mit uns, die Sonne strahlte herbstlich warm vom Himmel.
Ich sah am Wegesrand eine zerfetzte Robe liegen. Es schien sich um eine Druidenrobe zu handeln, sie war mit Blättern an den Schultern geschmückt und mit Waldsymbolen bemalt. An einigen Stellen bemerkte ich eingetrocknete Blutflecken. Was dem Träger dieser Robe wohl widerfahren war? Wir hatten ein wachsames Auge und hofften, dass die Räuberbanden vor einer so großen Reisegruppe Respekt haben würden.
Nach einer ereignislosen Nacht erblickten wir schließlich am Vormittag des nächsten Tages Burg Regenfels am Horizont. Je näher wir kamen, desto mehr Details wurden sichtbar. Die Burg war zweistöckig, von einem breiten Wassergraben umgeben, der – wie mir Edwen erklärte – vom Fluss Regenarm gespeist wurde, hatte zahlreiche Türme und umschloss hohe Gebäude. Ein Dorf war der Burg vorgelagert, schon von weitem konnten wir sehen, dass hier für ein Fest geschmückt wurde.
Am beeindruckensten war jedoch der Hauptturm der Burg, der von einer durchscheinenden Wasserzisterne bedeckt wurde, aus der sich unablässig aus Öffnungen in der Mauer kleine Wasserfälle in die Tiefe ergossen. Fast sah es so aus, als ob die Burg weinen würde. Aber nicht aus Kummer, sondern vor Freude.

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